Author Archive » Christoph Eder

Erste-Hilfe-Koffer zum Selbstschutz

Kommunikation hat 1.000 Gesichter. Wie die diplomierte Pflegekraft aus der Notfallaufnahme in der dunkelblauen Jogging-Jacke, die sich fragt, warum sie sich diesen Job noch weiter antun soll? Wie die erfahrene Wahlärztin, die top gestylt im schwarz-weißen Outfit erscheint. Wie der angehende Facharzt, der bei der Vorstellungsrunde sagt, sein großes Vorbild sei der Primar, der alle Emotionen abprasseln lässt wie Plexiglas. Sie alle wollen in meinen Trainings mehr erfahren.
Mehr erfahren über sich selbst und die Art, wie sie sich geben und sprechen. Und derzeit vor allem eines: Wie sie sich selbst mit guter Kommunikation schützen können. Vor dem unberechenbaren Chef. Vor dem aggressiven Patienten. Vor der Kräfte raubenden Kollegin. Vor frustrierten Mitarbeitern. Es menschelt derzeit gewaltig in meinen Weiterbildungen. Jene Menschen, die aus Berufung Patienten therapieren, pflegen und mit ihnen sprechen sollen, benötigen aktuell selbst 200 Prozent Aufmerksamkeit. Wie ich damit umgehe? Jeder und jedem Einzelnen Aufmerksamkeit und Wertschätzung schenken durch die Kraft der Gruppe und effektiven Kommunikationstechniken. Und damit aufzeigen, dass es einem Patienten, der leidet, genauso geht und was es an Kommunikation braucht, um eine Win-Win Situation für alle Seiten zu schaffen. So schaut’s aus im Gesundheitssystem im 3. Corona-Jahr.

Foto: Robert Herbst

Medizingeschichte & Kommunikation

Buchpräsentation eines medizinischen Geschichtsbandes im historischen Jugendstilsaal der Med Uni Wien.
Tags darauf Führungskräfte-Training für Gesundheitsfachkräfte zweier oberösterreichischer Krankenhäuser.
Der Wechsel kann nicht krasser sein. Trotzdem ist da diese Verbindung, für die ich persönlich brenne:
Kommunikation im Gesundheitsbereich.

©MedUni Wien/Kawka

Warum es mehr als eine Pflegereform braucht

Ein aktueller Einblick in den Krankhausalltag ist mehr als ernüchternd: Außergewöhnlich viele Kündigungen in kürzester Zeit. Der Grund? Mangelnde Kommunikation zwischen ausgebrannten Pflegekräften und frustriertem Führungspersonal. Die Liste der Herausforderungen aus meinem letzten Training liest sich wie ein 15 Punkte Katalog schlechter Kommunikation: das Bloßstellen Einzelner vorm Team, persönliche Angriffe, fehlende Anerkennung etc, etc. Alles die Folge monatelanger Überlastung in Zeiten der Pandemie. Wir müssen wesentlich mehr in die Fort- und Weiterbildung der Menschen investieren, die unser Leben retten, wenn wir es am dringendsten brauchen. Die geplante Pflegereform allein wird diesen Beruf nicht attraktiver machen.

Hightech-Medizin und das Menschelnde

Die Maske ist noch geblieben, das Leben geht weiter. Zum Glück auch für sogenannte „Frühchen“ – 375 Gramm Leben,  geboren in der 23. Schwangerschaftswoche. Für die Vorbereitung auf meine Moderation für den Alumni Club der Med Uni Wien habe ich meine Küchenwaage herausgeholt: das ist ein Gewicht von gerade mal zwei Äpfeln. Die Mundspritze, mit der dieses Handvoll Leben gefüttert wird, ist fast größer als das Frühgeborene selbst.

Die Neonatologie ist ein berührender und beeindruckender Zweig der Medizin. Wo sich der Kreis für mich schließt: Hier verbinden sich Hightech-Medizin und das „Menschelnde“. Der Herzschlag der Mutter und des Vaters wird zur Medizin, wenn sie dieses Handvoll Leben in der Intensivstation auf ihre Brust legen. Die Stimme und das Vertrautsein ist Therapie. Besonders schön ist es zu beobachten, wenn junge Medizinstudenten interessierte Fragen stellen und eines Tages selbst Kinderarzt und Kinderärztin werden, oder an einer neonatologischen Abteilung arbeiten wollen. Wir brauchen sie dringend: 40 Kinderarzt-Kassenstellen sind aktuell nicht besetzt.  

©MedUni Wien/mh-Photography

Britta Blumencron